15. Juni 2023 - Immobilien Zeitung

Viele gute Deals sind besser als ein Schnäppchen

Autor: John Amram

Die eigenkapitalstarken Akteure am professionellen Immobilientransaktionsmarkt teilen sich aktuell in zwei Lager auf: Das eine beteiligt sich gar nicht am Transaktionsgeschehen und steht an der Seitenlinie – aus Furcht, zu früh zu kaufen. Das andere Lager setzt sich aus opportunistisch orientierten Investoren zusammen, die zum Kauf bereit sind. Viele von ihnen warten aber auf das absolute Schnäppchen auf dem Markt, weil sie sich ihre Liquidität so gut wie möglich bezahlen lassen wollen. Oder anders gesagt: Es scheint beinahe so, als wäre ihnen kein Deal gut genug.

Beide Herangehensweisen sind meiner Meinung nach nicht richtig. Der Markt ist zurzeit von so vielen, teils gegenläufigen Faktoren geprägt, dass selbst die erfahrensten Experten diese Bodenbildung nicht prognostizieren können. Deshalb ist es auch nicht sinnvoll zu warten, bis sich die Märkte drehen. Denn eine solche Trendwende läuft meistens sehr schnell ab und wenn erst einmal wieder alle Zeichen auf Aufschwung stehen, hat sich auch das Zeitfenster für günstige Gelegenheiten bereits geschlossen.

Selbst die „Schnäppchenjäger“ lassen sich aktuell sehr viele Möglichkeiten entgehen. Indem sie auf einen brillanten Deal hoffen, verschmähen sie die Chancen auf mehrere sich gut rechnende Transaktionen.

Stattdessen ist nun eine Strategie deutlich Erfolg versprechender, vor der sich jedoch viele professionelle Investoren scheuen: der beherzte Griff ins fallende Messer. Wer jetzt über ausreichend Liquidität verfügt, sollte gezielt in den absteigenden Markt investieren und – ohne großen Wettbewerb – kontinuierlich sein Investitionsvolumen vergrößern. Inzwischen sind die Multiplikatoren sowohl bei Wohnimmobilien als auch bei den meisten Gewerbeimmobilien so weit zurückgegangen, dass selbst ein guter Deal im Jahr 2023 unterm Strich oft einträglicher ist, als es ein exzellenter Deal im Jahr 2021 war.

Wer auf diese Weise sein Kapital über die nächsten 24 Monate hinweg durch regelmäßige Zukäufe allokiert, wird offensichtlich irgendwann die Bodenbildung treffen. Aber auch dann sollten die Käufe nicht abrupt enden, sondern auch zu Beginn des neuen Aufschwungs weiterhin Transaktionen realisiert werden. Vielleicht täte es einer so zahlengetriebenen Branche wie der unseren sogar gut, in dieser Zeit etwas weniger auf die Marktdaten und das unsichere Umfeld zu schauen, sondern sich viel stärker auf die Fundamentaldaten der jeweiligen Immobilie, ihren Standort, ihre Chancen und Risiken zu konzentrieren. Das Selbstbewusstsein, das dafür nötig ist, sehe ich aktuell nur bei sehr wenigen Marktakteuren.

Wer jetzt noch spekulativ zu kaufen beginnt und auch bei fallenden Marktpreisen stoisch weiterkauft, wird in einer späteren Aufwärtsbewegung unterm Strich eine gute bis sehr gute Performance erhalten – und hat noch dazu ein großes Transaktionsvolumen realisiert. Wann diese Trendwende eintritt, hängt maßgeblich vom Zusammenspiel aus Zins- und Kaufpreisniveau ab. Ich gehe aber davon aus, dass dies in einer Phase der Zinspause oder sogar wieder sinkender Zinsen geschieht. Wenn man den Prognosen Glauben schenken möchte also vermutlich Mitte bis Ende nächsten Jahres.

4. OFF MARKET STUDIE

OUT NOW!